"Erat subditus illis. Er war ihnen untertan". (Luc. II 51) Jesus weiß, was er der väterlichen Gewalt (patria potestas) und der mütterlichen Liebe schuldig ist. Die Heilige Familie war die Keimzelle der Weltkirche (Ecclesia catholica). Der Stellvertreter Jesu, der Papst, hält sich heute noch an das Wort: "erat subditus illis". Pius XII. verehrt St. Joseph als den Schutzherrn der hl. Kirche. Pius XI. schrieb am 6. November 1923 an den Bischof von Mantua: "Nichts ist nützlicher als die Verehrung und Nachahmung des hl. Joseph in den Arbeiterkreisen zu fördern. Der Gemahl der seligsten Jungfrau ist wohl der Schutzherr der gesamten Kirche, doch ganz besonders der Arbeiterwelt." Das war auch der Inhalt des Motu proprio Benedikt XV. (25. Juli, 1920). Pius X. führte die Litanei, Benedikt XV. die Präfation des hl. Joseph in den Kranz der liturgischen Gebete ein. Leo XIII. schrieb ein Weltrundschreiben "Quanquam pluries" und ein Gebet zu Ehren des hl. Joseph: "Zu dir, o hl. Joseph, fliehenwir in unserer Not". Pius IX. hat den Tag des hl. Joseph zum Schutzfest der katholischen Kirche gemacht (1847). Klemens XI. (1700-1721) verfasste für den seit Gregor XV. (1621) zum gebotenen Festtag erklärten 19. März ein für die Kirche vorgeschriebenes Offizium (1714, 3. Febr.). Schon mit 17 Jahren war Klemens XI. (Albani) ein vollendeter Lateiner und hielt als Mitglied einer Akademie eine lateinische Festrede, nach der Königin Christine von Schweden bemerkte: "Wir haben Cicero gehört." Früchte seiner klassischen Bildung sind unsere drei Hymnen am Feste des Lieblingsheiligen Klemens' XI. Der Papst wünschte einmal am 19. März sterben zu dürfen. Sein Wunsch wurde auffallend, um nicht zu sagen wunderbar, am 19. März 1721 erhört (Pastor, Papstgeschichte, Bd. XV., S. 385). Die liturgische Verehrung des hl. Joseph hat im Abendlande noch viel tiefere Wurzeln. Das Martyrologium von Reichenau (augia dives) erwähnt schon im 9. Jahrhundert den 19. März den Tag des hl. Joseph: "In Bethlehem sancti Joseph, nutritoris Domini. In Bethlehm das Fest des hl. Joseph, des Nährvaters Jesu." Aus dieser Wurzel erhob sich allmählig ein Baum. "Justus ut palma florebit" (Ps. 91, 13, vgl. Introitus am 19. März). Im 14. Jahrh. blühte die Verehrung des hl. Joseph an der Universität Paris. Früchte dieser Blüte sind Hymnen und Sequenzen des einflussreichen Kanzlers J. Gerson (1363-1429). Ganze Orden trugen zur weitesten Verbreitung der Andacht zum hl. Joseph bei, z.B. die Serviten (1324), die Franziskaner (1399). Im gleichen Sinn wirkten im 15. Jh. Heilige wie Birgitta von Schweden (+1373), Vinzens Ferrer (+1418), Bernardin v. Siena (+1444); im 16. Jh. die hl. Theresia von Avila (+1582); im 17. Jh. der hl. Franz v. Sales (+1622). Wie der Genferbischof durch das hohe Ansehen seiner Heiligkeit, so hat Bossuet der Adler von Meaux (1627-1704) durch den Höhenflug seiner Beredsamkeit die Verehrung des hl. Joseph gefördert. Zweimal erhob der bischöfliche Geistesriese seine beredete Stimme zu einer Festrede auf St. Joseph. Im Jahre 1657 hieß der Vorspruch der Panegyrikus: "Depositum custodi: Das Anvertraute behüte!" (Tim. I, 6, 20). Drei Kleinodien zählt Bossuet auf, die Gott dem Haupte der Heiligen Familie anvertraute: la virginité de Marie, la personne de son Fils unique, le secret de tout son mystère: Mariä Jungfräulichkeit, seinen eingebornen Sohn, das Geheimnis der hl. Menschwerdung. Als Behüter der Person Jesu Christi ist Joseph der Träger einer Hinterlage, die den gemeinsamen Schatz Himmels und der Erde ausmacht. Da stellt Bossuet die Frage: "Quelle éloquence peut égaler la grandeur et la majesté de ce titre? Welche Redekunst ist der Größe und der Erhabenheit dieses Titels gewachsen?" Um die jungfräuliche Reinheit Marias unter der Hülle der Ehe zu hüten, braucht Joseph eine engelgleiche Reinheit. Um Jesus in so vielen Verfolgungen von Jugend an zu schützen, braucht er eine unerschütterliche Treue, um das ihm anvertraute Geheimnis zu wahren, braucht Joseph eine bewunderswerte Demut, der die Verborgenheit lieb ist. Was der Völkerapostel von seinem Gehilfen Timotheus verlangt, hat der hl. Joseph als Treuhänder Gottes heroisch gehalten. War er doch der Mann, den sich Gott ausgesucht, nach seinem Herzen. Das war der Spruch (I. Reg. XIII, 14) von dem der 2. Panegyrikus (1661), den Bossuet gehalten, ausging. Auch diese Festrede ist in drei Hauptgedanken eingeteilt: Joseph, homme simple a cherché Dieu; Joseph homme détaché a trouvé Dieu; Joseph, homme retiré a joui de Dieu. St. Joseph war aus einem Guss und einem Geist. Er hat nie zwei Herren gedient. Gott verlangt, Joseph solle Maria als treue Gemahlin zu sich nehmen. Er tut es, obgleich er ihren Zustand erkannte. Noch mehr. Gott verlangt, Joseph solle das Kind Mariä als sein eigenes aufnehmen. Er nimmt es auf, obwohl er weiß, dass es auf Erden keinenVater hat. In heiliger Einfalt nimmt Joseph hin, was der Vater im Himmel will. Gott stellt an den kindlichen Glauben des hl. Joseph noch eine höhere Forderung. An die Allmacht des göttlichen Kindes soll er glauben und sieht die Ohnmacht des fliehenden! Joseph glaubt ohne Bedenken, weil er ganz gottverbunden ist, nachdem er Gott allein gesucht hat. Wer sich an das Geschöpf anklammert, sucht Gott und findet ihn nicht. St. Joseph hat ihn gefunden, weil er sich von allem Irdischen losgemacht hat. Leidenschaften suchen uns zu fesseln, schmeichlerische und gebieterische. Die einen wie die andern hat Joseph gemeistert. Armes Menschenherz!, ruft Bossuet aus, du bist vieler Feinde Beute, viele Stürme Spielball, Bühne vieler Täuschungen! Joseph hat die schlimmsten Leidenschaften, Liebe und Eifersucht besiegt. "Son épouse, est sa soeur. Schwester ist ihm seine Braut!" Die Treue dieses Ehebundes besteht darin, dass sie einander die vollkommene Unversehrtheit bewahren, die sie einander versprochen. Eifersucht hat das heilige Band zu sprengen versucht. Umsonst. Die Leidenschaft scheiterte an der Philosophie des hl. Joseph (Chrysostomus). Obgleich der den Leib seiner Braucht mit Frucht gesegnet sieht, bewahrt er doch seine Ruhe, bis ihm der Himmel das Geheimnis erschließt. Selbst von der Eigenliebe, die uns dem Heim und der Heimat verhaftet, macht er sich frei. Seit er Jesus zu behüten hat, ist er ein Wandersmann ohne Rast und Ruh. Dennoch ist er nicht unglücklich. Zurückgezogen von dem Lärmder Welt genießt er Glück in Gott. Seines Glückes Geheimnis ist Jesus. Er bewahrt aber sein Geheimnis in solcher Stille, dass es nach dreißig Jahren in Nazareth immer noch heißt: "Ist das nicht der Sohn Josephs?" (Luk. IV, 22). Joseph hat es verstanden, mit Jesus einsam zu sein. So hat Gott einen Mann gefunden nach seinem Herzen. Der Glanz der Festreden eines Bossuet hat seine Hörer stundenlang im Bann gehalten. Was drei Hymnen am 19. März in je fünf Strophen singen, das nimmt wenige Minuten in Anspruch. Und doch zeichnen die kurzen Zeilen das gehaltvolle Leben des hl. Joseph wunderbar. Sie rühren die Saiten der Seelen und begeistern uns für den Mann nach dem Herzen Gottes, der das Anvertraute treu behütete.
(Fortsetzung folgt)
Dienstag, 24. Juni 2008
Hymnen zur Verehrung des Heiligen Joseph
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