Dienstag, 7. Oktober 2008

Zum Fest des hochheiligen Rosenkranzes der heiligsten Jungfrau Maria

Als die Irrlehre der Albigenser in der Gegend von Toulouse furchtbar um sich griff und von Tag zu Tag immer tiefere Wurzeln schlug, da arbeitete der heilige Dominikus, der erst kurz vorher den Predigerorden gestiftet hatte, mit ganzer Kraft an ihrer Vernichtung. Um dies wirksamer tun zu können, flehte er inständig die heilige Jungfrau um ihre Hilfe an. Ihre Würde wurde ja auch durch diese Irrlehren in schamloser Weise angegriffen; ihr ist es auch gegeben, alle Irrtümer auf der ganzen Welt zu vernichten. Von ihr wurde er, so wird berichtet, aufgefordert, dem Volke den Rosenkranz als besonderes Schutzmittel gegen Irrtum und Sünde anzuempfehlen, und mit staunenwertem Eifer und glücklichem Erfolge führte er den ihm gewordenen Auftrag aus. Der Rosenkranz ist eine bestimmte Gebetweise; da beten wir fünfzehnmal je zehn Ave Maria und dazwischen jedesmal das Gebet des Herrn, und bei den einzelnen Gesätzen betrachten und erwägen wir ebenso viele Geheimnisse unserer Erlösung. Diese fromme Gebetsweise wurde also von da ab vom heiligen Dominikus in staunenswerter Weise verbreitet und gefördert. Die Päpste bezeichneten ihn darum in ihren apostolischen Schreiben häufig als den Begründer und Urheber dieser Andachtsübung.
In der Folge wurden durch diese segensvolle Übung dem christlichen Volke unzählige Wohltaten zuteil. Zu diesen wird mit Recht der Sieg gezählt, den der heilige Papst Pius V. und, von ihm ermutigt, die christlichen Fürsten bei Lepanto über den mächtigen Türkenkönig errangen. Dieser wurde nämlich gerade an dem Tage errungen, an dem die Rosenkranzbruderschaften auf der ganzen Erde ihre gewohnten Bittandachten hielten und die herkömmlichen Gebete verrichteten; darum wird er nicht mit Unrecht diesen Gebeten zugeschrieben. Auch Gregor XIII. bestätigte das und verordnete, dass in allen Kirchen, wo ein Rosenkranzaltar sich befindet, an diesem Tag unter dem Ritus Duplex majus das Offizium vom Rosenkranz gebetet werden solle. So sollte der seligsten Jungfrau unter dem Titel Königin des Rosenkranzes überall und für ewige Zeiten der Dank für diesen besonderen Gnadenerweis dargebracht werden. Andere Päpste haben den Betern des Rosenkranzes und den Rosenkranzbruderschaften fast unzählige Ablässe bewilligt.
Auch der glänzende Sieg, den im Jahre 1716 der erwählte römische Kaiser Karl VI. in Ungarn über ein gewaltiges Türkenheer errang, erfolgte gerade an dem Tag, an dem das Fest Maria-Schnee gefeiert wurde, und so ziemlich zu der gleichen Zeit, da die Mitglieder der Rosenkranzbruderschaften in der Ewigen Stadt unter riesiger Beteiligung des Volkes mit großem Vertrauen eine öffentliche Bittandacht abhielten und dabei heiße Gebete um Niederringung der Türken zu Gott emporsandten und demütig die mächtige Hilfe der jungfräulichen Gottesmutter zum Schutz der Christenheit anriefen. Klemens XI. sah dies und glaubte darum, man müsse diesen Sieg und ebenso die bald darauf erfolgte Befreiung der Insel Korfu von der Belagerung durch die Türken dem Schutze der heiligen Jungfrau zuschreiben. Damit nun die Erinnerung an diesen glänzenden Hulderweis und die Dankbarkeit dafür nicht erlösche, dehnte er das Fest des hochheiligen Rosenkranzes unter demselben Range auf die ganze Kirche aus. Benedikt XIII. ließ das alles in das römische Brevier aufnehmen. Leo XIII. ermahnte in den unruhigsten Zeiten der Kirchengeschichte unter dem ständigen Drucke schwerer Drangsale und Heimsuchungen in mehreren apostolischen Schreiben alle Gläubigen des Erdkreises eindringlich zum eifrigen Beten des Rosenkranzes, besonders während des Oktobers. Er erhob auch das jährliche Fest zu einem höheren Rang, fügte in die Lauretanische Litanei die Anrufung ein: Königin des heiligen Rosenkranzes, und bewiligte für die ganze Kirche ein eigenes Stundengebet für dieses Fest. - So wollen wir denn die heilige Gottesmutter mit dieser ihr so lieben Andachtsübung stets verehren; da sie schon so oft auf das Rosenkranzgebet hin den Gläubigen half, irdische Feinde niederzuringen und zu vernichten, so möge sie uns auch die Kraft geben, die höllischen Feinde zu überwinden.

Aus dem Deutschen Brevier herausgegeben von Dr. Johann Schenk, zweite, unveränderte Auflage, 1939